Fachkräfte dringend gesucht

Arbeit sollte mehr Lust als Last sein - da sind Politik und Unternehmer gefordert

Alexander Jungkunz

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30.4.2024, 19:00 Uhr
Stress oder Spaß? Arbeit prägt unseren Alltag. Sie sollte nicht zur Qual werden.

© Christin Klose/picture alliance / dpa-tmn Stress oder Spaß? Arbeit prägt unseren Alltag. Sie sollte nicht zur Qual werden.

Wie wichtig ist uns Arbeit, welchen Status hat sie? Wir erleben da einen heftigen Wandel. Die Zeiten, in denen prallvolle Terminkalender und 80-Stunden-Wochen als Prädikat galten, scheinen vorbei. Vor allem junge Menschen setzen andere Prioritäten - die "Work-Life-Balance" ist ihnen wichtig, Homeoffice, Vier-Tage-Woche oder Teilzeit sind die Trends.

Die Rente der Babyboomer reißt drastische Lücken

Die Bevölkerungsentwicklung verändert den Arbeitsmarkt drastisch. In den kommenden Jahren gehen die Babyboomer in den Ruhestand - die geburtenstarken Jahrgänge, die nun 60 aufwärts sind. Das wird drastische Lücken reißen, erste Meldungen über fehlende Busfahrer sind da nur der Beginn dieser Entwicklung, die den Fachkräftemangel massiv verschärfen wird.

Das Angebot an Arbeitskräften schrumpft stark - deshalb können sie mehr fordern und auch ihre Wünsche nach weniger Arbeitszeit etc. leichter durchsetzen. Wenn man Arbeit als Mittel sieht, um die materielle Basis fürs Leben - das wichtiger ist als der Job - zu erwirtschaften, ist das erfreulich. Aber: Es braucht eben erst einmal einiges an "Work" für ein gutes "Life"; die "Balance" muss sauber durchgerechnet sein.

Und da stößt der Trend zu reduzierter Arbeitszeit an ökonomische Grenzen. Jetzt schon ist die Durchschnittsrente nicht hoch; je weniger Menschen arbeiten, desto größer wird das Risiko von Altersarmut.

Die Deutschen arbeiten pro Kopf weniger als andere

Daher sind die Forderungen, wir müssten wieder mehr arbeiten, nicht von der Hand zu weisen. Das gesamte Arbeitsvolumen in Deutschland erreichte zuletzt zwar ein Rekordniveau. Aber es verteilt sich auch auf eine Höchstzahl an Personen - die Arbeitszeit pro Kopf liegt in Deutschland niedriger als in fast allen anderen Industriestaaten.

Daher wird es zwingend, Arbeit attraktiver zu machen, um die Lücken zu schließen und die Konjunkturkrise zu überwinden. Die Politik sollte für mehr Netto vom Brutto sorgen - mit einer Abgabensenkung. In kaum einem Land wird Arbeit so massiv belastet wie bei uns. Lohnsteuerzahler tragen die Hauptlast der sozialen Sicherung - andere, etwa Vermögensbesitzer, steuern deutlich weniger bei. Da bräuchte es endlich mehr Mut für überfällige soziale Gerechtigkeit.

Die Arbeitgeber werden mehr gute Arbeit geben müssen, wollen sie gutes Personal finden oder halten: Arbeit sollte im Idealfall Lust sein, nicht Last, die nervt oder krank macht. Wer gern arbeitet, ist motivierter und leistungsfähiger. Gute Arbeitsbedingungen und fairer Umgang mit den Beschäftigten werden da eigentlich unerlässlich im Wettbewerb um die besten Köpfe.

Die wird auch eine noch so gute Künstliche Intelligenz selten ersetzen können, sondern zusehends unterstützen und entlasten. Der Einsatz von KI braucht aber Regeln - Regeln, die bei menschlicher Arbeit(szeit) dafür flexibler werden müssen. Wer länger arbeiten will und kann, sollte das zu guten Bedingungen tun können - das Land wird sehr bald darauf angewiesen sein.

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